Seit dem 07.01.2023 bietet Die Vegane Fleischerei in Dresden leckere pflanzliche Alternativen für Wurst, Käse und Co, aus natürlichen Zutaten und sorgte seit Eröffnung für jede Menge Furore in der sächsischen Landeshauptstadt und weit darüber hinaus. Wir haben mit Co-Founder Nils Steiger darüber gesprochen, wie die Idee entstanden ist, mit welchen Hürden das junge Start-up derzeit am meisten zu kämpfen hat und was wir in Zukunft von dem Unternehmen erwarten dürfen.

Die vegane Fleischerei Dresden
Seit Eröffnung kann sich Die Vegane Fleischerei in Dresden vor Nachfrage kaum retten.

Lieber Nils,

Wie kommt man eigentlich darauf, eine vegane Fleischerei zu gründen?
Die Idee kam bei mir durch die Eröffnung von Rudy’s Vegan Butcher in London, die meines Wissens nach einer der ersten waren, die eine vegane Fleischerei in Europa eröffnet haben. Ich war fasziniert davon, wie sehr sich die Menschen über das Angebot gefreut haben und wie gut es angenommen wurde. Irgendwie ist das Ganze immer in meinem Kopf geblieben und bei einem gemeinsamen Essen mit einem Kumpel, der heute auch zu unserem Gründerteam gehört, waren wir uns einig, wie cool es wäre, wenn es so ein Angebot auch bei uns gäbe. Natürlich war aber nichts Vergleichbares in unserer Nähe zu finden und so haben wir beschlossen, es einfach selber zu machen.

Die Gründer von Die vegane Fleischerei in Dresden: Nils Steiger, Andreas Henning, Daniel Quis
Ein Teil des Gründerteams von Die Vegane Fleischerei v. l. n. r..: Nils Steiger, Andreas Henning, Daniel Quis.

Der Name „Die Vegane Fleischerei“ hat von Anfang an für zum Teil kontroverse Debatten gesorgt. War euch bewusst, dass der Name für so viel Diskussionsstoff sorgen würde und inwieweit hat der Name den Erfolg eures Unternehmens beeinflusst?
Also dass der Name für Diskussionsstoff sorgen würde, war uns schon klar. Allerdings dachten wir, dass sich das eher im regionalen Bereich abspielen würde – also Menschen an unserem Laden vorbeilaufen und sich aufregen. Wir haben aber nicht erwartet, dass ganz “Presse-Deutschland” über uns herfällt oder Schweizer Zeitungen über uns berichten und sich echauffieren. Also damit rechnet man natürlich nicht und insgesamt war das ganze Feedback in der Menge und in dem Ausmaß für uns überhaupt nicht zu erwarten.

In eurem Sortiment gibt es vegane Wurst, Käse und vieles mehr: Stellt ihr alle Produkte selbst her und welche Hauptzutaten verwendet ihr?
Siebzig Prozent unseres Sortiments stellen wir tatsächlich selbst her. Dazu zählen Fleisch-, Wurst- und Braten-Produkte. Fünfzehn Prozent – unsere Käseprodukte – kaufen wir ein, zum Beispiel von Cashewrella aus Göttingen und teilweise von Jay & Joy aus Frankreich. Weitere fünfzehn Prozent sind Würste aus Litauen, die einfach super gut sind und wir so noch nirgendwo gefunden haben. In puncto Zutaten verwenden wir typische Basics wie Seitan, Jackfruit, Sojagranulat und -eiweiß oder Erbsenprotein. Also im Prinzip sind das alles Zutaten, die man so schon kennt, aber die Gewürze und Zubereitung machen hier einfach den Unterschied.

Die Vegane Fleischerei Dresden Theke
Das Sortiment von Die Vegane Fleischerei lässt keine Wünsche offen.

Woher stammt das Wissen zur Kreation eurer Produkte?
Einer unserer Gründer hat bereits drei Restaurants, die alle vegan sind. Auf dieses Wissen können wir natürlich zurückgreifen.

Omnis, Flexitarier, Vegetarier – wie kommt euer Angebot bei Menschen anderer Ernährungsformen abseits des veganen Lifestyles an?
Definiert war von Anfang an, dass unsere Zielgruppe nicht primär Veganer oder Vegetarier sind, weil diese Menschen ja bereits auf unserer Seite beziehungsweise in unserem Team sind – diese Leute müssen wir nicht mehr erreichen. Unsere Hauptzielgruppe sind tatsächlich Omnivore oder Flexitarier, die wir dazu bringen wollen, tierische Produkte aus ihrem Alltag zu entfernen oder vielleicht ihren Konsum zu ändern. In der Praxis geht das Konzept auf. Etwa fünfzig Prozent unserer Kunden sind neugierige omnivore oder flexitarische Leute, die durchaus davon überzeugt werden, andere Produkte in den Alltag einzubringen. Und dann haben wir natürlich fünfzig Prozent Veganer, die sich wahnsinnig über unser Angebot freuen und begeistert sind, dass es uns gibt. Diese Leute sind auch super und wir freuen uns natürlich, dass sie kommen, aber das ist nicht unsere Hauptzielgruppe. Wir wollen eine Änderung der Esskultur der Leute bewirken und die Veganer sind diesen Schritt ja bereits gegangen. Aus ökonomischer Sicht sind sicherlich beide Zielgruppen relevant, aber aus ideologischer Sicht und warum wir das Ganze überhaupt gestartet haben, sind uns die Omnis wichtiger.

Die vegane Fleischerei in Dresden Friends not Food
Mit ihrem Angebot wollen die Gründer zu einer Änderung des Konsumverhaltens inspirieren.

Stimmt es, dass ihr zahlreiche Anfeindungen und sogar Morddrohungen erhalten habt, und wie erklärt ihr euch die Wut dieser Menschen?
Ja, unser Konzept polarisiert, weil wir damit nicht einfach nur Lebensmittel – also die Salami oder den Sauerbraten – kritisieren, sondern eine gesamte Weltanschauung und ein konservatives Leitbild vom Konsum. Die Menschen, die uns kritisieren, entscheiden sich bei der Wahl zwischen Flucht oder Angriff nicht dafür, zu fliehen, sich zurückzuziehen und ihre Klappe zu halten, sondern sie greifen einfach an. Sie beleidigen und verbreiten Hass, weil sie sich in ihrer eigenen Weltanschauung angegriffen sehen. Sie essen eben ihr Leben lang schon Fleisch, genau wie ihre Großeltern und Eltern, und deshalb muss es ja richtig sein, weil es immer schon so war. Betrachtet man aber andere Bereiche der Menschheitsgeschichte wie die Sklaverei oder das Frauenwahlrecht, so wird deutlich, dass nicht immer alles richtig ist, nur weil es schon immer so war. Ich denke, auf einem ähnlichen Weg befinden wir uns aktuell auch bei der veganen Ernährung.

Vegane Produkte haben es seit jeher schwer, sich gegen Akteure der Tierindustrie durchzusetzen. Mit welchen Hürden habt ihr aktuell am meisten zu kämpfen?
Behörden auf jeden Fall. Absurde Kontrollen! Wir verschenken zum Beispiel Hundesnacks und dafür will die Futtermittelbehörde zu uns kommen und unsere Produktion überprüfen. Oder das Gesundheitsamt, was andauernd bei uns antanzt wegen unserer Etiketten oder Produktbezeichnungen. Es wird durchweg wirklich alles kritisiert. Wir haben ja zahlreiche Kontakte in die Gastronomie und ein normales Restaurant wird vielleicht alle zwei bis drei Jahre einmal kontrolliert, bei uns sieht das dann ganz anders aus.

Die Vegane Fleischerei in Dresden: Der Laden
Etiketten und Produktbezeichnungen werden von Behörden immer wieder kritisiert.

Der Fleischkonsum in Deutschland ist seit 2016 rückläufig und besonders im vergangenen Jahr gab es einen deutlichen Einbruch beim Verzehr und der Produktion von Fleisch[1]. Die Fleischindustrie reagiert darauf und bietet inzwischen auch zahlreiche vegetarische und vegane Produkte an. Wie seht ihr diese Entwicklung?
Ganz böse gesagt sind das “nützliche Idioten”. Ich halte nichts von diesen Unternehmen und ich halte nichts davon, was sie machen. Aber sie sorgen natürlich dafür, dass es mehr Auswahl gibt und wahrscheinlich auch mehr Leute vegan werden oder sich mit pflanzlicher Ernährung beschäftigen. Generell ist das natürlich okay und wichtig – persönlich halte ich trotzdem nichts davon. Und ich glaube, dass der Wettbewerb wachsen wird. Aktuell gibt es knapp 20.000 Fleischereien[2] in Deutschland und jetzt zwei vegane. Gehen wir mal davon aus, dass in den nächsten vierzig Jahren ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung – aktuell sind es 1,58 Prozent[3] – vegan leben werden, dann wird natürlich auch die Anzahl pflanzlicher Fleischereien und ähnlicher Manufakturen steigen, die Lebensmittel ohne Zusatzstoffe, Aromastoffe oder Geschmacksverstärker produzieren. Eines Tages werden es also nicht nur zwei vegane Fleischereien sein, sondern vielleicht viertausend oder mehr.

Die Vegane Fleischerei in Dresden: Verschiedene Produkte
Alle Produkte werden aus natürlichen Zutaten hergestellt und sind frei von tierischen Bestandteilen.

Im Moment kann man eure Produkte direkt vort Ort in Dresden oder online kaufen. Plant ihr, noch weitere Filialen in Deutschland zu eröffnen oder eure Produkte auf anderen Vertriebswegen, wie zum Beispiel an Frischetheken in Supermärkten, anzubieten?
Wir haben Anfragen aus allen möglichen Bereichen wie zum Beispiel von Supermärkten oder Supermarktketten erhalten. Allerdings sind diese Kooperationen nicht unser primäres Ziel, weil unsere Produkte hierfür einfach nicht besonders gut geeignet sind. Sie haben ja kein langes Mindesthaltbarkeitsdatum und sie passen einfach insgesamt nicht so gut dazu. Aber wir haben auch Anfragen von Leuten bekommen, die gerne Franchise-Nehmer werden wollen oder unser Konzept woanders umsetzen wollen. Aus diesem Bereich haben wir sogar relativ viele Rückmeldungen erhalten. Dadurch ist natürlich schon der Gedanke gereift, dass es cool wäre, wenn es mehr Läden wie unseren gäbe. Aber der Prozess dahin ist ein langer, da wir nicht einfach nur ein herkömmliches Franchise-Konzept entwickeln und umsetzen wollen. Uns war es nie wichtig, mit unserer Idee reich zu werden. Aus diesem Grund befassen wir uns gerade auch mit Purpose-Unternehmen, Einundfünfzig Prozent würden dabei in eine Stiftung für zum Beispiel Tierschutz gehen und neunundvierzig Prozent würden von uns gehalten werden. So würde Tier- oder Umweltschutz immer an erster Stelle stehen und wir könnten tatsächlich einen Unterschied machen. Aber das ist natürlich ein großer Prozess. Vielleicht gibt es Richtung Mitte oder Ende des Jahres dazu mehr zu berichten. Wir wollen auf jeden Fall nicht einfach ein weiteres veganes Unternehmen aufbauen, sondern wirklich etwas bewirken.

Leckere Rouladen von Die Vegane Fleischerei in Dresden
Von Rouladen bis Sauerbraten – im Sortiment gibt es eine große Auswahl klassischer Gerichte mit rein pflanzlichen Zutaten.

Welche Produkte aus eurem Sortiment sollte man unbedingt probieren?
Ich persönlich liebe den Sauerbraten, weil mich der Geschmack immer wieder überrascht. Einen richtig guten Sauerbraten in vegan kannte ich davor nie. Für mich persönlich ist das der Platz eins. Ich finde auch unsere Pfeffersalami und unsere Salamis allgemein sind viel besser als das, was man sonst in Supermärkten kriegt. Und was ich eigentlich fast jeden Tag esse, ist ein Schnitzelbrötchen.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke, lieber Nils, und weiterhin viel Erfolg!

Du hast Lust, die veganen Produkte von Die Vegane Fleischerei auszuprobieren? Dann schau am besten gleich im Onlineshop vorbei und freue Dich auf leckere Probierpakete mit Wurst, Braten, Steaks, Gulasch sowie Suppen, Saucen und veganen Käse. Bitte beachte, dass alle Produkte frisch nach Deiner Bestellung zubereitet werden und die Lieferzeit aktuell deshalb etwa zehn bis fünfzehn Werktage beträgt. Wer noch nach einer tollen veganen Geschenkidee sucht, kann übrigens auch einen Gutschein verschenken. Wir sind begeistert vom Konzept und gespannt darauf, mit welchen Köstlichkeiten und Innovationen uns das Dresdner Start-up in Zukunft überraschen wird.

Quellen:

[1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/fleisch-deutschland-produziert-deutlich-weniger-minus-8-1-prozent-a-5ebd8844-81c3-45d5-bda5-293443affb28

[2] https://www.handelsdaten.de/branchen/fleischereien

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/445155/umfrage/umfrage-in-deutschland-zur-anzahl-der-veganer/

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